25 September 2012

Ratschpeng! Noch 'ne schöne Bestätigung



Einen link zu einer interessanten SWR-Dokumentation möchte ich gerne weiterverbreiten. Ich halte die gesamte Sendung (Dauer 43:16 min) für sehens- und bedenkenswert, der barfußspezifische Teil beginnt bei min 24:00.

Die Information erhielt ich über das Hobby-Barfuß-Forum.  Dank an alle Beteiligten.








22 September 2012

Sei nicht erbärmlich





"Es ist nichts erbärmlicher in der Welt, als ein unentschlossener Mensch."
Goethe





Die Jahreszeit und die Temperaturen bewegen sich derzeit in einen Bereich, in dem das Barfußlaufen in der Wahrnehmung des Mediokariats von einer nur exotischen zu einer komplett durchgeknallten Tätigkeit wird [*1]. Je größer die zeitliche Distanz zum Hochsommer, desto größer scheint der durch den Schuhwerkverzicht bedingte Normenverstoß und desto lauter die Empörungsschreie des inneren Spießers, man könne doch nicht. Doch, man kann.

Und Goethe, das Genie, der Stürmer, der Dränger und Klassiker, zeigt uns, wie: Mit Entschlossenheit. Der "Dümmste anzunehmende Fehler" ist das Herumeiern. Schuhe an, Schuhe aus, Schuhe an, unsicher-sichernde Blicke, verlegene Gesten ... An anderer Stelle habe ich schon mal gesagt: Barfußlaufen wird von der absolut-überwältigenden Mehrheit der Menschheit bejaht, die BarfußläuferInnen selbst stellen das Hauptproblem dar, wenn sie auf allen Kanälen nonverbaler Kommunikation signalisieren, dass sie selbst glauben, gerade was ganz und gar Unanständiges zu tun. [*2]


Ich will gewiss nicht jedem idiotischen Lititi das Wort reden. Es gibt Marotten, die sind wirklich unter aller Sau, da hilft es auch nix, im Gegenteil, wenn man es noch so konsequent, selbstbewusst und entschlossen durchzieht. Viele, nicht aber alle Sozialnormen sind unvernünftig.

Aber wenn man eine Sache mehrfach von vorn bis hinten durchdacht, durchfühlt und geprüft hat und zu einem Ergebnis gekommen ist, dann, bitteschön, ziehe man diese Sache anschließend auch konsequent durch. Habe den Mut, Dich Deines Verstandes zu bedienen, klar. Aber habe auch den Mut, Dein Verhalten nach den Ergebnissen, die Dein Verstand liefert, nach der Vernunft also, auszurichten.
 

Auch keine normalen Klamotten für einen angehenden Geheimrat .... 
... und genau das trug zu seiner Berühmtheit bei.
(via wiki commons)




[*1] Ich gehöre nun nicht zu den Hardcore-barfuß-im-Schnee-Barfüßern, Barfußlaufen ist auch kein Dogma, sondern eine Frage des Wohlfühlens und der Vernunft. Ab 5 °C geht's dauerhaft, darunter beginnt auch bald das (zunächst allerdings minimale) Risiko von Erfrierungen. Angenehm ist's ab 10 °C. Und, oh Wunder, die spannendste, erlebnisreichste  Zeit für die nackten Füße sind Frühling und Herbst, wenn die Böden die größten Temperatur-und Feuchtigkeitsunterschiede aufweisen. Der Sommer ist natürlich auch nett, aber fast schon ein bisschen langweilig, und heißer Asphalt nervt echt.

Barfuß im Schnee, eine Erfahrung die mal ganz lustig ist 
und hinterher  richtig warme Füße macht, 
auf Dauer aber überschätzt wird.


[*2] Das trifft analog für zahlreiche Non-Vanilla-Verhaltensweisen zu. Klares, konsequentes, offenes Schwulsein wirkt niemals lächerlich, sondern, falls es überhaupt noch auffällt, höchstens spannend, mutig, intelligent, progressiv. Der halbversteckte, herumeiernde, unklare, verschämte Schwule zieht Spott auf sich.








12 September 2012

Sommerbilanz



Mit dem Ende des meteorologischen Sommers werde ich nicht zum Schuhanzieher. Daher ist die folgende Barfuß-Macken-Saison-Rückschau nur eine Zwischenbilanz, kein Jahresabschluss.

Denkumkehr: Ohne Absicht, ohne Plan und ohne Krampf habe ich das Barfußlaufen so weit ausgedehnt, dass ich Schuhe [*1] nur noch in Ausnahmefällen trage. Die Fragestellung meines inneren Monologes lautet nicht mehr "Kannste hier echt barfuß laufen?", sondern "Musste hier echt Schuhe anziehen?"

Relativierung: Meine frühere Aversion gegen Supermärkte hat sich nebenbei auch erledigt, weil ich ein paar Mal schlicht keine Schuhe zur Hand hatte, als ich einkaufen musste. Supermarkt-Böden sind im Großen und Ganzen doch sauberer als gedacht.

Differenzierung: Auch meine Urteile über Innenstädte, Altstadt-Viertel und Fußgängerzonen  sind differenzierter geworden. Messlatte ist hier die gefühlte Dichte der Glassplitter, gemessen in Glassplittern pro Quadratmeter (Gs/m²). : In größeren Orten liegt exponentiell mehr Dreck. Interessant ist, dass die allgemeine Schönheit einer Stadt mit (Gs/m²)^-1 korreliert, vereinfacht: Wenn eine Stadt architektonisch ohnehin kackenhäßlich ist, ist sie auch siffig und voller Glassplitter. Sind Städte allgemein nett anzusehen, kann man dort meist auch problemlos barfuß laufen.

Training: Ich merke deutlich, dass meine Füße immer widerstandsfähiger werden. Das hat nichts mit dickerer Hornhaut zu tun, denn die Hornhaut wird durch natürlichen Gebrauch permanent abgeschubbert und ergo nicht dicker. Mag sein, dass die Lederhaut etwas kräftiger geworden ist, aber das ist nicht das Entscheidende. Entscheidend ist,
  1. dass die Fuß-Muskulatur inzwischen so trainiert ist, dass nicht jedes Stöckchen und Steinchen Druckschmerz erzeugen, wenn man drauftritt [*2],
  2. dass normaler Druck auf die Fußsohle vom Gehirn nicht mehr als Besonderheit, als Gefahrzeichen oder folglich fälschlich gar als Schmerz wahrgenommen wird [*3],
  3. dass das unterbewusste Scannen des Untergrundes mit Seh- und Tastsinn immer effektiver wird und
  4. dass die Reflexe immer besser funktionieren, wenn die Fußsohle tatsächlich etwas Spitzes, Schleimiges, Klebriges tastet und die Muskeln entsprechend flott reagieren.
Rückblickende Erkenntnis: Wenn ich in früheren Zeiten darüber nachgedacht habe, was denn wohl die Leute über meine Barfüßerei denken oder gar sagen könnten, dann hatte ich immer das Bild von dummen, sturen, spießigen Menschen im Kopf. Wie blöd muss ich sein, wenn ich mir aus vorauseilender Rücksicht auf ausgerechnet solche Knallköppe etwas verböte, was ich für klug, vernünftig, gesund und angenehm erachte?

Fremdreaktionen: Fünf fremde Leute haben mir unabhängig voneinander mitgeteilt, wie toll sie es finden, dass ich überall barfuß liefe. Der Rest der Menschheit reagierte überhaupt nicht, denen war es völlig wurscht. Es gab keine einzige negative Reaktion.

Eigene Reaktion: Der entscheidende Faktor beim Barfußlaufen ist für mich inzwischen die haptische Wahrnehmung, die unter ich keinen Umständen mehr missen möchte. Ich habe vor Jahren schon mal geschrieben, ein beschuhter Waldspaziergang sei ähnlich armselig wie einer, bei dem man sich zuvor Nase und Ohren zustopfe. Dieser Vergleich ist treffender denn je.

Autokatalytischer Prozess: Je mehr man barfuß läuft, desto normaler und angenehmer wird es, desto weniger ist man geneigt, damit wieder aufzuhören.

Barfußbedingte Verletzungen: Null. In Zahlen: "0"







(Borgholm, August 2012)
Jaja, da hat wieder einer mit 'nem Malprogramm gespielt, schon klar. Ich finde das Ergebnis gut & schön, weil die Farbspielerei so trefflich die Erdverbundenheit beim Barfußlaufen symbolisiert. Es klingt doof esoterisch, aber barfuß bist Du tatsächlich viel intensiver mit den Dingen in Kontakt. Naja ist ja logisch. Das klingt ja auch wieder banal. Wie soll ich das beschreiben ... also ... Na egal, wen's interessiert, der soll's ausprobieren, dann wird sofort klar, was ich mit dem Bild ausdrücken will.


[*1] Hier stets im allerweitesten Sinne gemeint, also einschließlich FlipFlops, Socken, was auch immer.

[*2] Ein Schlag in die Magengrube ist ja auch nur dann schmerzhaft, wenn man die Bauchmuskulatur nicht anspannt.

[*3] Kann man das als "Abhärtung" bezeichnen? Ja, aber das klingt zu gewaltig, zu sehr nach Rambo, Conan oder Kneipp.