17 Juli 2017

Weit weg


Gestern zufällig in Hagen Rethers "Liebe 2016" reingezappt, eine Wiederholung. Nicht jede Wiederholung ist schlecht:

"Freiheit, das ist, wenn eine Burkini-Frau und eine nackte am FKK-Strand zusammen Volleyball spielen und keiner findet was dabei."

Genial. Eine ganz simple Minimaldefinition echter Toleranz. Mit diesem Aphorismus im Ohr wirkt jedes Barfuß-ja-oder-nein-Gehampel so völlig weit weg und lächerlich ...






02 Juli 2017

Fairer Preis


Bin neulich im verbissenen Zweikampf mit einer außer Kontrolle geratenen Thuja-Hecke ziemlich fies mitsamt Leiter seitlich abgerutscht. Hände ziemlich zerschunden, ein paar Prellungen der linken Körperseite und, ja, beim Abfangen zog ich mir auch noch einen Ratscher in der linken Fußsohle zu.

Mein Innerer-Dialog-Partner ätzte beim Pflaster-Aufkleben natürlich: "Siehste, hättste Schuhe angehabt ...!"

Nach reiflicher Überlegung gebe ich hiermit meine ganz und gar spontane Antwort zu Protokoll:

  1. Mein Innerer-Dialog-Partner ist ein spießiger, feiger, lustfeindlicher Vollidiot.
  2. Nach der Logik, Fußsohlen durch Schuhe zu schützen, hätte ich in diesem Fall (Wortspiel, hö, hö.) eine Ritterrüstung gebraucht. [*1]
  3. Da besagter Ratscher höchstens 20 mm lang ist und eigentlich nur die Epidermis durchschlagen, vielleicht noch die Leder- aber kaum die Unterhaut berührt ist, und da dies der erste Ratscher seit was-weiß-ich-wie-vielen Jahren ist, kann ich ohne übertriebenen Heldenmut konstatieren, dass das ein absolut fairer Preis für das Wohlgefühl und die Freiheit des Barfußlaufens ist. Wie oft verletzen wir uns alltäglich an den Händen, ohne deshalb permanent Schutzhandschuhe zu tragen?

Und vielleicht noch eine Information, die sonst nur Dauerbarfüßer kennen können: Natürlich kommt es im barfüßigen Alltag hin und wieder mal zu Situationen, in denen Deine Fußsohle meldet "Hoppsa, da war ein spitzer Stein!" Das sind Situationen, die Lichtjahre von Verletzung entfernt sind und auch eigentlich nicht wirklich weh tun, die Dich aber wieder aufmerksamer werden lassen. [*2] Das führt dazu, dass Du im Laufe der Jahre eine unterbewusste Grund-Aufmerksamkeit entwickelst, die Dir das Gefühl gibt, Deine Füße passten irgendwie auf sich selbst auf.



(verändert via wiki commons)
Stirb, verdammte Thuja-Hecke! STIRB!
Ok, vielleicht übertreibe ich ein bisschen ... aber nicht viel!




[*1a] Immerhin bin ich seitlich in die frischgeschnittene Hecke geflogen, und einige Äste waren durch den Schnitt der Motorsäge so angespitzt, wie man es von mittelalterlichen Palisaden zur Abwehr von Reiterattacken kennt. Naja, so ähnlich ...
[*1b] Dabei wäre zunächst experimentell zu prüfen, ob durch das Gewicht und die Steifigkeit der Rüstung  der Schaden bei einem Sturz aus knapp 2 m Höhe nicht sogar vergrößert wäre. Analog gilt nach wie vor, dass das exzessive Schuhetragen volkswirtschaftlich und individuell viel mehr Schäden verursacht als Nutzen bringt. (Quellen dazu: Reichlich in den anderen Texten dieses Blogs. Wiederholugnen langweilen.)

[*2] So ähnlich geht's mir auch, wenn eine obrigkeitliche Geschwindigkeitsmessung mir ein schickes Foto und eine Zahlungsaufforderung beschert. Leider ist der aufmerksamkeitssteigernde Effekt da noch nicht so dauerhaft, wie ich es mir wünschte. 









08 März 2017

Beim Barfußlaufen geht's überhaupt nicht ums Barfußlaufen


Mit zunehmendem Befremden schaue ich gelegentlich auf internationale und deutschsprachige Barfuß-Foren und -Blogs. Da wird reichlich missioniert und überreichlich verglichen, wer in welchen Situationen und unter was für Umständen wo barfuß läuft, und mehr oder weniger ist zwischen den Zeilen zu lesen, dass das Ideal der 24/7/365 von 90° N bis 90° S-Barefooter ist.

Seltsame Sache, das.

Warum sollte es mich interessieren, ob andere Leute barfuß laufen? Warum sollte ich versuchen, andere Leute davon zu überzeugen? Die physiologischen und hygienischen Argumente für möglichst schuhloses Leben sind tausendfach genannt, sie sind valide und sie sind nachlesbar. Ausprobieren und dann entscheiden muss Jede/r für sich selbst. Da kann man doch nicht drängen und werben und schubsen.

Etwas anderes ist es, wenn beispielsweise hirntote SUV-Zombies, profitgeile Konzerne und konsumsüchtige Mittelstandskrampen unsere Umwelt kaputt machen. Dann geht es mich was an, da kann und darf ich eine Verhaltensänderung einfordern. Aber ob Einer Schuhe trägt ... ?

Spannend ist doch nur die Frage, warum eine Kulturtechnik, die, "wissenschaftlich erwiesen!!!", jenseits aller Zweifel gesund und also vernunftgemäß ist und die obendrein auch noch angenehm ist und Spaß macht, sich nicht durchsetzt.

Der öffentliche Diskurs über das Barfußlaufen kann sinnvollerweise nur ein kritischer Diskurs über Sozialnormen sein. Das je individuelle Barfußlaufen interessiert kein Schwein.





(verändert via wiki commons)
Der letzte Satz stimmt so nicht: Dieses barfüßige und obendrein vollkommen nackte, schlafende Schwein hat sich gewiß schon so seine Gedanken zur "gesellschaftlichen Konstruktion von Wirklichkeit" gemacht, das ist mal sicher!