28 Juni 2012

Barfuß-Fakten: Temperaturregelung


Elefanten machen das so:

Elefant im Winter



Elefant im Sommer

Mit der stärkeren oder schwächeren Durchblutung der Ohren reguliert der Elefant die notwendige Wärmeabfuhr. Weitere Beispiele, wie endotherme Tiere Wärmeaustausch regeln, liefert die website der Zooschule Hannover, deren Besuch ich empfehle.

Allzu gerne hätte ich an dieser Stelle vergleichbare Wärmebild-Fotos eines unbekleideten Menschen im Sommer und im Winter beigebracht, doch, ach, gab das Internet dazu so gar nichts her und auch gebricht es mir an einer Wärmebild-Kamera, den Selbstversuch zu wagen. Daher liefere ich hier nur eine Übersetzung aus einem früheren Posting [*1]:

"... Hände, Füße und Kopf sind die wesentlichen Regionen zur Regulation der Körpertemperatur. Um die Körperwärme zu halten, reduziert unser Körper einfach die Blutzufuhr in die Extremitäten, was dort ein Gefühl der Kälte erzeugt, was Camper und Bergsteiger wiederum zu der Alltagsweisheit führt: 'Hast Du kalte Füße, setz' einen Hut auf.'" (aus: Ask the doctor; Dr. Alan Berrick; 2012)

Was dem Elefanten die Ohren, sind dem Menschen Hände, Füße und Kopf: Wärmetauscher.

Thema durch.



Abschließend zwei Fragen zum Selbsttest:

Frage 1: Für wie pfiffig, hieltest Du es, die Kühlrippen eines Motorradmotors in eine stabile Lederschicht einzupacken, z.B., damit da nicht so viel Dreck reinkommt, und das so schwer zu putzen ist?      

Antwort auf einer Skala von 1 bis 10, wobei gilt:
        1 = total bescheuert; 10 = voll schlau

Frage 2:.  Was könnte und wird passieren, wenn Du's tust?


(verändert nach wiki commons)

[*1] ..., das mir ohnehin so verschwurbelt geraten ist, dass unmöglich jemand kapieren konnte, was ich damit eigentlich sagen wollte

26 Juni 2012

Barfuß-Fakten: Hygiene


Unter anderem aus Wikipedia kleingeschrieben:

Jeder Mensch besteht aus etwa 10 Billionen (10^13) Körperzellen. Auf und in ihm siedelt die zehnfache (!) Menge an Bakterien und Pilzen, die auch "Mikroorganismen" oder, irreführend, "Keime" genannt werden und unschädlich oder nützlich oder sogar überlebensnotwendig für uns sind.

Die Kosmetik- und Reinigungsmittel-Industrie suggeriert Keimfreiheit als Hygiene-Ideal, ein Ziel, dessen Erreichung wir nicht überleben würden.

Wer schon mal unter einer "Darminfektion" gelitten hat, weiß, worum es wirklich geht. "Darminfektion" bedeutet nicht, dass erstmals Mikroorganismen unseren Darmtrakt infizieren [*1], sondern, dass sich dort Bakterien/Pilze massenhaft vermehren, die da nicht massenhaft hingehören und die jenen, die dort massenhaft hingehören, den Garaus machen, was zur Folge hat, dass das gesunde Gleichgewicht zwischen den Spezies zusammen- und das große Chaos ausbricht, so dass schließlich hinten etwas herauskommt, was als "Scheiße" zu bezeichnen eine sehr tolerante definitorische Dehnung des Begriffes voraussetzte.

Kurz: Es geht nicht um den sterilen (=keimfreien) Menschen. Es geht um eingespielte Gleichgewichte.

Wenden wir uns der Haut zu. Etwa 148 verschiedene Bakterienspezies (Pilze also noch nicht mitgezählt) bilden hier ein munteres, eingespieltes  Ökosystem. Dieses Ökosystem ist ausgesprochen nützlich für uns, denn, wenngleich die beteiligten Populationen völlig unschädlich für uns sind und sich karg und bescheiden von Altfett und toten Hautschuppen nähren, so werden sie doch zu rasenden Killerbestien, falls fremde Keime sich anheischig machen, das Revier zu usurpieren.

Der Mikrobiologe formuliert dann gern auch mal jovial : "Die Standortflora fungiert als Türsteher, an dem neue, eventuell krankheitserregende Keime erstmal vorbei müssen." [*2]

Auf einem Quadratzentimeter Haut leben ein paar Hundert bis zu zwei Millionen unschädlicher Mikroorganismen in einem Gleichgewicht konkurrierender Zwietracht, und das ist gut so, denn wenn die weg wären oder das Gleichgewicht erheblich gestört würde, könnten schädliche, d.h. krankheitserregende Keime sich konkurrenzlos ausbreiten. Darunter können dann auch welche sein, die sich nicht bescheiden an der Oberfläche halten, sondern richtig fiese, die sich gierig auf unsere lebenden Körperzellen stürzen und sich in unseren Körper hinein ausbreiten.

An dieser Stelle kommen Schuhe ins Spiel. Unsere Kommensalen, also unsere lieben, gewohnten, unschädlichen Kumpel-Mikroorganismen, sind an bestimmte Temperaturvarianzen, pH-Wert-Bereiche und Feuchtigkeitsbedingungen angepasst, nämlich an die Bedingungen, die sie im Laufe der gemeinsamen Evolution mit ihrem Wirt, uns, vorfanden.

Was sie da nicht vorfanden, sind Bedingungen, wie sie gewöhnlich in geschlossenem Schuhwerk herrschen: Eine dauerhafte Temperatur von durchschnittlich 50 °C, ein dauerhafter pH-Wert von 5,4 bis 5,9 und eine relative Feuchte von dauerhaft fast 100 %.

Oh, die halten das aus, keine Frage. Aber einige von den Mikros halten das besser aus als andere, und das reicht, um das oben lang und breit erklärte ökologische Gleichgewicht zu verschieben.

So lieber Leser, liebe LeserIn, danke für's Durchhalten. Ich glaube, den Rest kannst Du Dir jetzt selbst erklären. Vor allem weißt Du jetzt, warum in schuhtragenden Gesellschaften 20 bis 85 % der Bevölkerung mit dem sogenannten "Fußpilz" kämpfen [*3] [*4], der in Wirklichkeit ein ganz normaler Hautpilz ist, der überall auf unserer Haut herumwuselt, sich normalerweise aber nicht durchsetzen kann und der deshalb in nicht-schuhetragenden Gesellschaften genau so selten auftritt, wie "Handpilz" bei uns.

Vielleicht kannst Du Dir nun auch erklären, warum man nicht Mikrobiologie studieren kann, ohne anschließend das exzessive Schuhetragen total eklig zu finden.

Und ganz vielleicht kannst Du nun auch verstehen, warum ein Biologie-Lehrer, der beansprucht seinen Schülern ein Vorbild zu sein, barfuß laufen sollte, wann immer möglich, .



Staphylococcus spec.
(via wiki commons)




[*1] Die Erstbesiedlung unseres Darms erfolgte kurz nach unserer Geburt, und das ist gut so, denn bekanntermaßen brauchen wir die Darmflora, um die Nährstoffe richtig aufzuschließen und unserem Körper verfügbar zu machen.

[*2] Eine ganz wichtige Erfahrung aus meinem eigenen Biologie-Studium: Vertraut niemals dem sachlichen Ton, in dem Ökologen oder die Evolutionsforscher über die "Wechselwirkungen" zwischen den Populationen reden. Ganz tief drinnen sind auch sie parteiisch und betrachten mit fasziniertem Gruseln die schön-schrecklichen Gemetzel und Konkurrenzkämpfe, egal, ob da Einzeller, Ameisen, Efeu, Haie, Schachtelhalm oder Viren zuschlagen.

[*3] ein erhebliches, volkswirtschaftliches teures Problem

[*4] Übrigens resultiert meine Barfuß-Macke NICHT aus persönlichen Fußpilz-Problemen, wie mir vor Jahren mal unterstellt worden ist.

12 Juni 2012

Noch mehr Erfahrungs-Plauderei



Hach, schon wieder diese Nabelschau. Selbstkritischer, innerer Dialog zum Thema meiner Barfußlauferei: Bin ich kapriziös? Süchte ich nach Mittelpunktserlebnissen? Überkompensiere ich frühere Verklemmtheiten?

"Kapriziös" bedeutet launenhaft, unberechenbar. Nee, Barfußlaufen ist keine Laune, nicht bei mir. Das mache ich schon seit Jahren. Der Unterschied ist, dass ich es jetzt konsequenter mache als früher. Gewollt habe ich das schon immer, getraut aber nicht. Dass ich mich jetzt traue, deutet klar auf eine Veränderung meiner Denke hin. "Sapere aude" endlich ohne Geschwiemel und Ausflüchte und Eigentlichs korrekt durchziehen und so. Manche Leute finden es ganz schlimm, wenn Mitmenschen um- und neudenken. Doch, ja, da entsteht schon mal der Eindruck, letztere seien unberechenbar. Dabei ist es nur schlüssige Umsetzung falsifizierbarer, d.h. wissenschaftlicher Ergebnisse. Genau genommen bin ich derzeit eher berechenbarer, unkapriziöser, geworden.

Von wegen "Mittelpunktserlebnis"! Im Gegenteil: Ich spüre den selben natürlichen, tiefverwurzelten Horror davor, sozial auffällig zu sein, wie alle normalen Menschen auch. Nee, die Sucht, im Licht zu stehen, kann ich bei aller gebotenen Vorsicht vor derartigen Selbstaussagen als Motiv ausschließen. Deshalb mache ich selbst auch kein Gewese um Schuhlosigkeit und missioniere auch nicht. Andererseits bin ich vielleicht auch nicht mehr ganz so abhängig von der unbedingten, uneingeschränkten Zustimmung aller meiner Mitmenschen. Wenn sich ein schwerst-pubertierender Hauptschüler über meine harmlose Macke beölt (was bisher übrigens noch nicht geschehen ist, jedenfalls nicht so, dass ich es bemerkt hätte), bitte sehr.

Dumme Leute lachen über das Tao. Würden sie nicht drüber lachen, wäre es nicht das Tao. 
Lao-Tse

Hmmm, die Frage, ob ich mit meiner akuten Barfüßerei überkompensiere, ist knifflig. Meine kindlich-jugendliche Sozialisation war auf jeden Fall ziemlich beamten-bürgerlich, was ich gar nicht sooo übel finde. Aber soll ich  mit 50 Jahren immer noch diese Geschichten als Erklärungmodell eigenen Verhaltens heranziehen? Sollte es mir, da ich damals ja keine schweren Traumata erleiden musste, nicht in den letzten 20, 30 Jahren gelungen sein, eine autarke Persönlichkeit zu entwickeln? Nee, der Erklärungsansatz, ich lebe gegenwärtig übermäßig das aus, was mir früher untersagt war, müffelt allzu streng nach dem toten Freud.

Ich habe eine viel simplere Theorie über mich: Ich war früher einfach zu doof, um über solche Dinge wie Sozialnormen und ihre Sinnhaftigkeit nachzudenken. Und ich war zu faul, zu stumpf und zu bierärschig, eigene Denkergebnisse in verändertes Verhalten umzusetzen.

Ja, das klingt gut. Das klingt richtig. Das klingt nach mir. So kenne ich mich! Passt!

Und ganz zum Schluss der Nabelschau: Ich finde es so super-angenehm, nicht mehr auf Schuhe angewiesen zu sein, dass ich es, je normaler es wird, von Tag zu Tag mehr genieße. Das ganze theoretische Raisonnement ist ja schön und gut. Toll, dass auch die Wissenschaft auf meiner Seite steht. Aber dieses geniale Gefühl täglicher billigster Denk- und Fußfreiheit, das ist einfach oberhammersahnemäßig geil brilliant.



Falls jemand mit dem Adjektiv "oberhammersahnemäßig" nichts anfangen kann: Die Sahne sehen wir mitte-links im Bild, hier in ihrer natürlichen Umgebung, nämlich auf due Cappuccini. Den Hammer-Aspekt hat der Künstler auf gleicher Bildebene, aber mitte rechts in Form zweier hammer-süßer, hammer-leckerer Kuchenteile realisiert, die hammer-schwer im Magen liegen, was man vorher allzu genau weiß, aber ignoriert, weil sie, wie gesagt, so hammer-lecker sind, dass das vernunftbegabte Großhirn schlicht vom instinktbegabten Stammhirn übersteuert wird ... Viareggio, 2010






09 Juni 2012

Blöde Penner



Mit meiner Toleranz für Penner ist es vorbei, seit ich aktuell mal wieder die Hamburger Innenstadt mit den Augen eines Barfüßers erlebte. Glassplitter, Müll, Dreck, ergo Flipflop-Zwang.

Mag ja sein, dass die Obdachlosen mir leid tun sollten, tun sie aber nicht. Wenn ihnen ihre grottige Lebensweise egal ist oder gar gefällt, ist das ihre Sache. Aber im dauer-besoffenen Kopp die Welt der Mitmenschen mitzuverranzen, ist völlig inakzeptabel. Selbstgemachtes Leid ist auch kein Grund für diese arschlöchige Rücksichtslosigkeit. Der Begriff "asoziales Pack" sollte vorsichtig verwendet werden, ist in diesem Fall aber im Wortsinne angezeigt.



Barfüßigkeit macht aufmerksam, nicht wahr?

Nein, was ich hier schreibe, klingt politisch nicht korrekt. Aber es sind nun mal nicht nur die profitgeilen Konzerne und machtgeilen Pollittikörr, die sich mies verhalten.



03 Juni 2012

Die sehr grundsätzliche Frage Nummer Zwei



Im Nachgang zu dem gestern hier veröffentlichten Lang-Text, der Bildgeschichte, habe ich mir überlegt, warum mich das Thema so beschäftigt. Ich schätze, das ist ein Ausdruck auch nach Jahren noch andauernden ungläubigen Erstaunens und der Verblüffung.

Fast vierzig Jahre lang war ich so sicher, dass "man" Schuhe trägt, dass ich nicht mal drüber nachgedacht habe. Auch heute noch prüfe ich sehr kritisch wieder und wieder die wissenschaftliche Fundierung der Thesen zum Barfußlaufen, finde aber keine Widersprüche.

Und nun frage ich  mich natürlich:
  1. Wie ist es möglich, dass ich, obwohl alle Fakten längst verfügbar waren, so lange nicht kapierte?
  2. Welche anderen "Gewissheiten" toben durch meine Birne, Gewissheiten, die mir so selbstverständlich sind, dass ich sie nicht mal mehr wahrnehme, geschweige denn prüfe, die  mein Leben beeinflussen - und total falsch sind?

Ich möchte nochmal klarstellen: Das Barfußlaufen an sich ist mir gar nicht wichtig genug, um einen Blog darüber zu schreiben. Ich will um Himmels Willen nicht missionieren. Möge ein Jeder nach seiner Fasson selig werden.

Aber diese zweite Frage macht mich richtig vogelig. Und deshalb untersuche ich am Beispiel (!!!) Barfußlaufen, was für Prozesse da laufen, die uns den Blick auf die Welt verstellen.

So, eine Woche Blog-Pause!















01 Juni 2012

Bildgeschichte



Vorweg: Bei der folgenden Bildanalyse verwende ich auch Gedanken, die D. Howell in seinem "barefoot book" antriggert. Bitte seid nicht böse, wenn ich im Folgenden nun nicht mehr aufdrösel, was ich von Howell geklaut habe, wo er mich lediglich inspiriert hat und wo ich's ohnehin länger und besser weiß als er, ok? Lest einfach sein Buch. Es lohnt sich.

Bei wiki commons (wo sonst?) fand ich unzufällig dieses Bild, das ursprünglich aus National Geographic, März 1922, stammt.


Die Bildunterschrift lautet "Padaung Cold Weather Costume". Dazu muss man wissen, dass die normale Kleidung dieser im heutigen Myanmar lebenden  Frauen nur in einem leichten Kilt und kiloweise Metallschmuck bestand. Bemerkenswerterweise schützen sich die hier abgebildeten Frauen vor der Kälte durch zusätzliche Stoffbahnen, lassen aber die Füsse frei. Eine Erklärung dafür findet sich hier:

Your hands, your feet, and your head are the areas of the body most involved in the control of body temperature. In an effort to maintain warmth, your body automatically reduces the flow of blood into your extremities, causing them to feel cold. (...) and there is an old adage among campers and mountaineers that "when your feet are cold, put on a hat."  (aus: Ask the doctor; Dr. Alan Berrick; 2012)

Kurzübersetzung: Über Hände, Füße und Kopf wird die Körpertemperatur reguliert. Bei gefühltem Wärmeverlust reduziert unser Körper einfach die Blutzufuhr in die Extremitäten, was dort ein Gefühl der Kälte erzeugt, was wiederum zu der Alltagsweisheit führt: "Hast Du kalte Füße, setz' einen Hut auf."

Die Mädels auf dem Bild haben ihre Körpertemperatur durch wärmende Klamotten geregelt. Das Problem kalter Füße tritt folglich nicht auf, jedenfalls nicht so sehr, dass die Damen sich auch noch die Füße umwickeln müssten.

Wir Nordmitteleuropäer kennen einen ähnlichen Effekt von winterlichen Schneeballschlachten, bei denen wir als Kinder, warm bekleidet, stundenlang barhändig im Schnee wühlen konnten, ohne zu frieren (im Gegenteil), aber schrieen, wenn irgendeine Dummbratze uns Schnee in den Nacken stopfte. Die Hände können die Temperatur regeln, Nacken und Rücken, wo die eiskalte Suppe dann nämlich hinlief, können es nicht. Letzteres empfinden wir daher als voll fies.

So weit, so gut. Nun strengen wir mal unsere Phantasie an und imaginieren zunächst eine Gesellschaft, die überwiegend in Räumen lebt, deren Temperatur stets auf einem Niveau gehalten wird, das den Insassen einen dauerhaft bewegungsarmen Aufenthalt ohne Wärmeverlust erlaubt. Nehmen wir nun zweitens an, ein Insasse begönne, sich zu bewegen, z.B. in den Räumlichkeiten umherzugehen. Der Kreislauf führe hoch, zusätzliche Wärme würde im Körper freigesetzt und müsste - wie beschrieben - über Kopfhaut, Hände und Füße als Temperaturregulatoren abgeführt werden.

Nehmen wir nun drittens an, in dieser Phantasie-Gesellschaft gäbe es eine strikte gesellschaftliche Regel, die es geböte, die Füße dauerhaft in feste, geschlossene Schuhe einzupacken. Folge: Programmierter Hitzestau. Die Mikroorganismen, die unsere gesamte Körperoberfläche zu Hundertausend je Quadratzentimeter besiedeln, freut's. So etwas kann eine Zeit lang, aber niemals auf Dauer ohne Gesundheitsschäden funktionieren.

Und damit sind wir bei einem zweiten Aspekt des obigen Bildes, die scheinbare Halsverlängerung durch die Metallringe, richtiger: Metallspiralen. Wer sich über diese auch heute noch gepflegte Tradition - und die damit verbundenen, zahlreichen Irrtümer - genauer informieren will, kann das gerne tun. Hier nur so viel: Gesund isses nicht!

 (via wiki commons)

Nichtsdestotrotz gibt es in der Padaung-Gesellschaft immer noch einen extrem starken normativen Druck (auf die Frauen), diese Metallspiralen zu tragen und im Laufe des Lebens ständig zu verlängern. Es ist Schwachsinn, es ist gesundheitsschädlich, und es ist eine Frage der gesellschaftlichen Ehre und Anerkennung. Und alle wissen, dass es Schwachsinn ist, und alle machen mit.

Woran erinnert uns das?
...
Ja, okay, auch an die Finanzkrise und auch ans Essen bei Mc Donald's, aber himmelnochmal, hier geht's doch um die Frage Barfußlaufen oder Schuhanziehen, oder?

Worauf ich hinaus will, ist: Schuhe! In unserer Gesellschaft wird das Schuhetragen oder -nichttragen genau so wirksam sanktioniert, wie bei den Padaung das Metallspiralentragen oder -nichttragen!

Und worauf ich eigentlich hinaus will ist: Es gibt soziale Normen, die sind einfach nur arbiträr, d.h. willkürlich, austauschbar, beliebig. Oh ja, wenn man die Padaung nach den Metallspiralen oder die Mitteleuropäer nach den Schuhen früge, dann gäb's natürlich mannigfache Antworten, die sich auf die jeweilige Sozialgeschichte bezögen, auf sicherheitstechnische Gründe, auf Traditionen als Garant gesellschaftlicher Kohäsion, bla, bla, bla. Alle diese Gründe lassen sich ganz zum Schluss auf eine Formel reduzieren: Das macht man so!

Umkehrschluss: Es nicht zu tun, tut man nicht!
Beweis: Alle tun's!
Folgerung: Wer's nicht tut, ist doof.


Gegenfrage: Wie doof muss man sein, dauerhaft etwas mitzumachen, was definitiv schädlich und unlustig ist?

Und was ich ganz eigentlich sagen wollte: Entschuldigt bitte, dass ich das als doof erkannte Spiel nicht mehr mitspiele.