02 Mai 2013

Preisfrage






Will ich auffallen um jeden Preis?
Im äußersten Gegenteil:
Ich will möglichst überhaupt nicht auffallen.
Aber nicht mehr um jeden Preis.




(verändert via wiki commons)



18 April 2013

Postscriptum mit Nebenwirkungen




Holla, die Waldfee! Das ganz unschuldig-beiläufige PS unter dem letzten Posting enthält, wie auch die Spontan-Kommentare von anonym und lizzy beweisen, ungeahnt reichlich Zunder, nämlich die Frage, wann zwischen früher und heute das Barfußlaufen in den Köpfen der Menschen zu etwas wurde, was "man nicht tut".

Ich versuche mal, den Fragenkomplex aufzudröseln:

  • Es geht um alltäglich-normales Barfußlaufen bei Erwachsenen in Mitteleuropa, also nicht um Schwimmbad-, Sauna-, Strand-, Wellness- etc.-Situationen, nicht um kindliches Barfußlaufen und nicht um die kluge, natürliche Barfüßigkeit z.B. afrikanischer, australischer oder südamerikanischer Ureinwohner.
  • Gesucht werden historisch möglichst späte Dokumente, in denen Schuhlosigkeit als normalste und vernünftigste Sache angesehen wird [*1] sowie
  • historisch möglichst frühe Dokumente, aus denen eine Ablehnung plausibel ablesbar ist.
Auf diese Weise könnte möglicherweise eine Epoche eingegrenzt werden, in der die Akzeptanz der Barfüßigkeit gekippt ist. Wenn dem so wäre, könnte man als nächstes versuchen herauszufinden, wer zu jener Zeit mit welchem Benefit ein Interesse daran gehabt haben könnte.

Für Tipps, Tricks, Hinweise und Mithilfe wäre ich sehr dankbar!


(verändert via wiki commons)
 Total normal: Sailor, 18. Jahrhundert

 

[*1] Das wird richtig schwer, denn Selbstverständliches wird nicht oft expressiv verbis erwähnt [*2]. Aber Bilder von Crews der Segelschiffe des frühe 19. Jahrhunderts, Bauern etc. wären vielleicht auch hilfreich.


[*2] außer von Plittikörrn und anderen egomanischen Klugscheißern.




 

17 April 2013

Blöde Sache


Zum Wochenenende sollen die Temperaturen wieder sinken, mag sein. Aber deshalb wieder Schuhe und Socken anziehen, da die ersehnte Barfußsaison gerade erst angefangen hat? Och nöö.


Merke: Was beim Barfußlaufen blöd ist, ist, dass, wenn  einmal angefangen, man kaum gewillt ist, damit wieder aufzuhören.

Es ist wie mit der Vernunft. Hinter "Sapere aude!" geht man auch nicht mehr freiwillig zurück, wenn man einmal damit angefangen hat.




(A. Mantegna, 1461, via wiki commons)

Du kannst z.B. nicht mehr an Christi Himmelfahrt als fotografierbares Ereignis glauben, nachdem Du Kant gelesen hat. 

PS:
Interessant an dem Bild ist übrigens, dass alle barfuß rumlaufen. Hätte man so ein Bild in eine schwerst-katholische italiensiche Kapelle gehängt, wenn "barfuß" was mit Erotik zu tun hätte? Nächste Frage: Wenn Barfußlaufen damals normal war, was ist zwischen 1461 und 2013 eigentlich passiert, dass es das heute nicht mehr ist?


 

15 April 2013

Auf geht's




Viel zu spät beginnt die Zeit, in der mensch in Nordmitteleuropa vernünftigerweise auf Hand- und Fußschuhe verzichten kann und sollte.

Ich weiß, ich habe lange keine neuen Themen mehr für diesen Blog gehabt. Das liegt einfach daran, dass ich die medizinischen und wissenschaftlichen Aspekte hier leidlich hinreichend beschrieben habe, die soziologischen und erkenntnistheoretischen Themen ums Barfußlaufen wenn auch nicht auf- so doch angedröselt habe und jetzt eigentlich immer nur wiederholen könnte, wie genial das Gefühl des Barfußlaufens ist, was aber blöd wäre, denn richtig verstehen täte das nur, wer's selbst ausprobierte, und wer's ausprobierte, brauchte keine Beschreibung.

Aber dieses persönliche Gutgefühl nudelt sich auch ab. Man vergleiche es mit dem Autofahren: Sobald man den Lappen und ein erstes Automobil sein eigen nennt, ist die Faszination groß. 33 Jahre später ist Autofahren immer noch eine selbstverständliche Option, die man nicht missen mag, aber man ruft nicht mehr jeden Arbeitstagsmorgen "Tschakkkaaaa!", wenn man sich per Vierrad auf den Weg zur Arbeit macht. 

Troppsdem freue ich mich natürlich, dass die "gute Jahreszeit" [*1] jetzt wieder beginnt.



 (Lenbach: Hirtenknabe, 1860, via wiki commons)
"Free your feet, your mind will follow"
(Society for Barefoot Living)




[*1] Goethe, "Dichtung und Wahrheit", irgendwo am Anfang.

14 Februar 2013

Dieser Blog hat es geschafft!




Heute erreichte mich mal wieder per e-mail die "Anregung", ich könnte auf diesem Blog doch auch mal über die enormen Vorteile eines sogenannten Barfuß-Schuhs einer bestimmten Firma berichten, deren Namen ich spontan vergessen habe (der aber mit "V" begann) und dessen Produkte für 120 bis 140 Ocken pro Paar über die Theke gehen.

Natürlich freue ich mich, dass dieser Blog, obwohl ich in letzter Zeit wenig hier veröffentlichte, nach wie vor viele regelmäßige LeserInnen hat, so viele, dass die Aufmerksamkeit der Marketing-Fuzzis geweckt ist.

Aber, liebe Fuzzis, so geht das doch nicht! Wenn Ihr wollt, dass ich für Euer Produkt (schleich-)werbe, dann korrumpiert Ihr mich entweder gleich mit extrem unwiderstehlichen Angeboten oder Ihr versucht, mich mit Vernunft zu überzeugen. Da Letzteres im Falle Eures Produktes aussichtslos ist, hättet Ihr Ersteres versuchen sollen - und zwar mit einer Summe, die den intellektuellen Spaß aufwiegt, den ich mit einem freien, unkorrumpierten Blog habe. Und ich habe SEHR VIEL Spaß damit!

Stattdessen, liebe Fuzzis, habt Ihr mich mit einer so dämlichen Mail so sehr beleidigt, dass ich auch in Zukunft gar keine Lust mehr haben werde, mich von Euch kaufen zu lassen. Zwischen uns sei Wahrheit[*1]:  Ihr könnt Euch Eure Fünf Finger dahin stecken, wo die Sonne nie scheint. Das Produkt ist Mist, hat nix, gar nix mit Barfußlaufen zu tun, verspricht Dinge, die es nicht hält und ist vielfach überteuert. Ich kenne ein paar Leute, die es gekauft haben, und niemand von denen hat es, soweit ich weiß, mehr als zwei, drei Mal getragen. Vergesst es!

Meine völlig belanglose, unwichtige, subjektive und vor allem werbeunwirksame Einzelmeinung: Ich laufe barfuß, wenn ich Lust habe und es möglich ist. Falls es mir dazu zu kalt ist und nicht gerade Tiefschnee liegt, trage ich im Wechsel zwei Paar Timberland Watersocks, die schon lange nicht mehr hergestellt werden, und bisher ein Paar Business-Leguanos. Und, ja, ich habe auch ganz normale Schuhe.

Die Leguanos finde ich echt empfehlenswert [*2] . Und falls die Firma mir auf diese Aussage hin aus reiner Dankbarkeit noch ein Paar davon schicken möchte, würde ich das glatt annehmen, ohne den Hauch eines schlechten Gewissens. Warum sind es eigentlich immer nur die Idioten-Firmen, die einen schmieren wollen? Mist, verdammter!



(Korruptionsindex 2012 lt. Transpareny International via wiki commons)
Vielleicht lebe ich auch im falschen Erdteil.



[*1] Goethe: Iphigenie auf Tauris


[*2] Genau betrachtet, ein schönes Kompliment, nicht wahr? Sie sind es wert, empfohlen zu werden. Das klingt nach sorgfältiger Prüfung und abgewogenem Urteil.
Beachtet bitte, liebe LeserInnen, dass ich den Firmennamen nicht verlinkt habe.




01 Januar 2013

FNJ!



Die Kernfrage dieses Blogs, warum wir das als vernünftig Erkannte nicht tun, wird im Spiegel 52/2012 ganz beiläufig mitbeantwortet, indem der Hauptartikel ausgesprochen schlüssig darlegt, die individuelle explizite Bereitschaft, jeden möglichst umfänglichen Schwachsinn der Gruppe möglichst öffentlich zu bejahen, mitzutragen und weiter zu befeuern, sei primäre Intention aller Religion und zwar wegen seiner Wirkung als soziales Kohäsionsmittel Nr 1.

Konkret: Indem ich mich dem religionsgestifteten Zwang, schwachsinnigen Ritualen und Axiomen zu folgen, öffentlichkeitswirksam beuge, beweise ich, zu welchen Opfern, zu welcher Verleugnung meiner selbst und der Vernunft ich um der sozialen Gruppe willen fähig bin.

Ein brillianter Artikel. Und ich halte diese Funktion von Religionen (und allgemeiner: anderer hirnerweichenden Sozialnormen) auch für eine gute Sache. Religionen haben der Menschenheit gewiss geholfen. In ihrer Zeit.

Zahnspangen sind auch eine gute Sache. In ihrer Zeit.

Wenn Zahnspangen aber über ihre Zeit hinaus hirnlos immer weiter benutzt werden, werden sie gemeingefährlich. Und falls Zahnärzte empfählen, da Zahnspangen so hilfreich seien, müssten alle Menschen bis in  alle Ewigkeit Zahnspangen tragen, würden wir fragen, ob sie, die Zahnärzte, noch ganz dicht seien oder etwa egoistische Partialinteressen auf Kosten der gesamten Menschheit befriedigten.

Was hat das mit Barfußlaufen zu tun? Nichts. Fast nichts. Dies ist kein Barfuß-Blog. Dieser Blog untersucht vielmehr das häufig anzutreffende, mir bislang unerklärliche Missverhältnis von Sozialnorm und Vernunft. Und ich bin sicher, dass besagter Spiegel-Artikel in dieser Sache ausgesprochen erhellend ist.

Aber wir können das Ganze trotzdem mal am Beispiel (!!!) Barfußlaufen prüfen bzw. konkretisieren: Indem man/ich wider alle medizinische Vernunft, besseres Wissen,  eigenes Wohlbefinden und Wollen Schuhe trüge, zeigte man/ich, dass man/ich der demütigen Befolgung gesellschaftlicher Konvention den höchsten (Superlativ!) Stellenwert einräumte.

Umgekehrt: Indem man barfuß läuft, demonstriert man, dass man Vernunft höher hält als Konvention. Und das erzeugt bei den Konventionalisten offenbar Unwohlsein, macht sozial verdächtig und unzuverlässig. Mit solchen Leuten wie mir ist kein Krieg zu gewinnen, mit denen kann man keine Pferde stehlen. Statt bedingungsloser Loyalität auch und gerade bei hirnverbrannten, moralisch schwiemeligen Aktionen könnten derartige Leute anfangen, sich bedingungslos ihres Verstandes zu bedienen. Und wer weiß, wo die noch überall anfangen, Dinge anders zu machen, wenn sie schon beim Schuhetrag-Ritual nicht mitmachen? Vernunft, das macht alles so ... kompliziert. Vernunft ist noch lange kein Grund, aus der Reihe zu tanzen. Der Mut, sich seines Verstandes zu bedienen, hat ja irgendwie auch eine arschlöchig-arrogante Attitüde.

Hm. Doch. Die Konkretisierung der im Spiegel referierten Thesen am Beispiel barfuß zeigt deren ausgesprochene Tragfähigkeit. Schön, schön ...

Frohes Neues Jahr 2013. Es bleibt spannend.



 (via spiegel-online)
Beim Schreiben dieser Zeilen stelle ich gerade fest: Mich interessiert es nicht wirklich, ob andere Leute barfuß laufen oder nicht. Mich interessiert, wo die vielen unbegreiflichen Widerstände gegen das Vernünftige, gegen Toleranz  tiefwurzeln. Da ist dieses Titelthema ein echter Meilenstein. Danke, Spiegel.